Carl von Clausewitz’s Letter to August Wilhelm von Schlegel


Recently I wrote an article for WarOnTheRocks.com about a letter Carl von Clausewitz wrote to the poet August Wilhelm von Schlegel in 1808. It has been rediscovered in the vaults of the Saxon State Archives.

The letter points to a problem with Clausewitz’s biography: despite his eminent place in Western military thought, no comprehensive collected edition of his writings exists.

Clausewitz’s eagerness to interact with one of the most prominent intellectuals of his time points also to the overwhelming ambition lying at the core of On War. He worked on it for over fifteen years not only because he needed time and space to perfect his ideas about the changing nature of warfare; he also rewrote his seminal treaty over and over again in the constant search for the most expressive and economical phrases. He strived not only to “bring about a revolution in the theory of war,” as he declared in his ”Note of 1827, but to convey them in the best possible form — a testament to his passionate consumption of contemporary literature.

Here is the link, if you like to read the article.

 

Bellow is the full text of the letter, in German

 

Saxon State and University Library Dresden
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden Mscr.Dresd.App.2712, B21, 901

Carl von Clausewitz to August Wilhelm Schlegel
Deciphered by Bernhard Thüne-Schönborn, Clausewitz Society in Burg bei Magdeburg (Freundeskreis Clausewitz)

Mein sehr verehrter Freund!

Ich würde schon früher von der Erlaubnis Gebrauch gemacht haben mich in Ihr Gedächtnis zurückzurufen, wenn mich nicht die Ungewissheit über Ihren Aufenthalt abgehalten hätte. Doch, auch bei diesem bescheidenen Gebrauch, den mich die Umstände davon zu machen gezwungen haben, muss ich darauf rechnen eine wohlwollende Aufnahme
in Ihrer Herzlichkeit zu finden denn an anderen (…) Interessen werden diese Zeilen sehr arm für Sie sein.
Ich habe Ihren Brief nebst den Gedichten der Gräfin Voß, die auf ihrem Gute ist, mit einer sicheren Gelegenheit
 zugestellt; sie hat mir schriftlich die für das Vergnügen gedankt was ich ihr damit gemacht habe und diesen Dank, von dem mir nur sehr geringe Zeichen zukommen würde ich Ihnen zurückgeben, wenn ich nicht voraussetzen dürfte, dass die Gräfin selbst Ihnen bereits geschrieben hat.
Ihr und einigen ihrer Freunde hat besonders das Ge- dich mit dem fremden Boden viel Freude gemacht. Sie können auch kaum eine Vorstellung davon haben, wie tief ins Herz hinein uns, die wir hier das Elend mit allen Organen des Geistes und der Sinne in uns aufnehmen, die Worte eines Vaterlandsgenossen aus der Ferne dringen: Teure Brüder in Bedrängnis !

Unser Schicksal ist noch gar nicht entschieden, alles wankt noch, was die furchtsame Menschenhand
mit dem schlammigen Grunde wieder aufzubauen strebt. Die ganze politische Welt dreht sich vor den Augen des kühlsten Beobachters in aufgelösten Atomen umher; nichts ist gewiss und steht fest als der Entschluss des eigenen Gemütes.

Für die nächste Zukunft ist wenig Hoffnung zu prädigen aber in krampfhaften Bewegungen wird es darum
doch nicht fehlen selbst in diesem Jahre. Ich weiß nicht ob aus diesen Krisen und Kraftanstrengungen, die uns die Zukunft noch auferlegen wird, je eine moralische Regeneration heraus ergehen wird, aber jetzt, glaube ich, sind wir noch im Sinken – ein falscher Grad von Egoismus, von kleinlicher Eitelkeit, von Dürftigkeit an edleren Gefühlen, wie er uns jetzt häufig aufstößt, ist eine widrige Erscheinung von der ich mich nie ohne den höchsten Grad von Verachtung abwende. Das, mein teuerster Freund, ist was mir am meisten zu Herzen geht, und was dem Umriss unseres Unglücks ein Kolorit des Jammers und der Erbärmlichkeit unterlegt. Doch ich will hoffen, dass es im Ganzen besser sei, was die Eingebungen uns zeigen, die sich aus der Menge mit Geschrei hervorarbeiten. Was mir Freude macht ist, dass es von der andren Seite in dem Kriege nicht an schönen, kräftigen Zügen gefehlt hat, die auf einen Stoff schließen lassen, aus welchem ein anderer Geist viel hätte bilden können. In Colberg z. B. hatte der kräftige Geist eines einzigen Mannes schnell einen hohen Grad von Enthusiasmus entwickelt und bis zur (…) der Ausdauer gediehen.

In Berlin selbst ist der Druck der Umstände erträglich, denn die erwerbenden Klassen gewinnen alle, und außer den königlichen Offizienten trifft der größte Druck die Käufer, bei denen er wenigstens kein Elend erzeugt. Den ganz Armen geht es vielleicht besser als ehedem, weil ein ganz unbeschreiblicher Grad von Wohltätigkeit herrscht. Jedermann ist von dem eigenen Unglück erschüttert und um so fähiger, durch das noch größere Unglück seines Mitmenschen gerührt zu werden. Das Land aber lebt in einem ungeheuren Druck; um seinen Wohlstand ist es auf lange, lange Zeit geschehen. Der Bauer liefert und verkauft, um Contributionen abzutragen, das Heiligste seiner Habe, die Saat, aus der ihm die künftige Ernte erwachsen soll. Viehseuchen, Hungersnot verkünden sich hier und da….. Aber wir sind noch lange nicht am Ende. Von Ihrem Auftrag, meine Landsleute von ihrer patriotischen Gesinnung zu unterrichten, habe ich recht oft Gelegenheit Gebrauch zu machen. Alle Menschen fragen mich wie denkt S(chlegel), und ich kann ihnen aufrichtig versichern dass sich alle sehr herzlich freuen über das was ich ihnen davon zu sagen habe.

Leben Sie wohl, mein lieber Freund, und wenn Sie an die Deutschen überhaupt mit Liebe denken, vergessen Sie auch insbesondere meiner nicht, der ich Sie herzlich verehre

Clausewitz

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